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Generationenübergreifendes Wohnen : Cohabit’Age

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Generationenübergreifendes Wohnen:  Wie Cohabit’Age das Zusammenleben neu definiert

Jeden Monat präsentieren wir Ihnen eine neue Ausgabe unserer Reportage „Best Practice – Innovatioun deelen“, bei der wir im ganzen Land unterwegs sind, um die inspirierendsten neuen Methoden und fortschrittlichsten Projekte der Luxemburger Senior*innen- und Pflegeeinrichtungen zu entdecken.

 

Nach einer zweimonatigen Sommerpause freuen wir uns, Sie wieder begrüßen zu dürfen, um Ihnen in dieser Ausgabe das nächste inspirierende Projekt vorzustellen.

Im malerischen Nordosten Luxemburgs gibt es seit geraumer Zeit eine engagierte Organisation, die sich dafür einsetzt, das Zusammenleben von Jung und Alt neu zu definieren. Die gemeinnützige Vereinigung Cohabit’Age basiert auf den Grundsätzen der generationsübergreifenden Solidarität und hat in diesem Sinne im Jahr 2017 ein einzigartiges Modell des Zusammenlebens in Vianden eingeführt. Die Initiative bietet nicht nur bedürftigen Menschen ein Dach über dem Kopf, sondern schafft außerdem einen Raum, in dem verschiedene Generationen zusammenkommen, Erfahrungen austauschen und wertvolle Verbindungen knüpfen können.

Das Projekt wurde von Moussa Seck initiiert, einem Pionier auf diesem Gebiet, der bereits ein ähnliches Projekt in Frankreich ins Leben gerufen hat und diese Idee 2015 erstmals auch nach Luxemburg brachte. Dank der wesentlichen Unterstützung der Oeuvre Nationale de Secours Grande-Duchesse Charlotte und des luxemburgischen Wohnungsbauministeriums, das 75% der Kosten für den Erwerb und die Renovierung des Gebäudes finanzierte, konnte Cohabit’Age ihre Vision in die Realität umsetzen.

„Als Vereinigung mit bescheidenen Mitteln wollten wir keine Hunderttausende von Euro ausgeben, also suchten wir nach einem Gebäude, das nicht zu teuer war. Gefunden haben wir schließlich ein Einfamilienhaus, das für fast 400.000 Euro angeboten wurde. Wir trafen uns mit den Eigentümern und stellten ihnen das Projekt vor. Daraufhin stimmten sie sofort zu, den Preis zu senken. Dann wurde es der Gemeinde vorgestellt und ab dann ging alles sehr schnell. So entstand das erste generationsübergreifende Wohnhaus in Luxemburg“, erklärt Moussa Seck. Derzeit werden die Rückzahlungen für den Immobilienkredit durch die Mieteinnahmen gedeckt, wodurch die finanzielle Nachhaltigkeit des Projekts gewährleistet wird.

Ein auf Solidarität aufgebautes Projekt

Im Mittelpunkt steht die Idee, die soziale Isolation älterer Menschen zu bekämpfen und gleichzeitig eine Lösung zu finden, um jungen Menschen, die auf der Suche nach erschwinglichem Wohnraum sind, eine Unterkunft zu bieten. Das Projekt hat zwei Dimensionen. Zum einen fördert es das Zusammenleben zwischen den Generationen, indem es ältere Menschen, die in ihrem Zuhause über freie Zimmer verfügen, mitjungen Mieter*innen zusammenbringt. Diese Partnerschaft bietet nicht nur jungen Menschen ein Dach über dem Kopf, sondern schafft auch eine willkommene Abwechslung im Leben der älteren Menschen und verringert so ihre Einsamkeit. Einige der großzügigen und finanziell abgesicherten Senior*innen entscheiden sich dazu, die jungen Gäste kostenlos aufzunehmen und bieten ihnen eine erschwingliche Unterkunftim Gegenzug für Gesellschaft oder Unterstützung bei den täglichen Aufgaben. Andere junge Bewohner*innen zahlen eine geringe Miete von höchstens 400 Euro und tragen so dazu bei, die finanzielle Situation der älteren Menschen zu verbessern und ein für beide Parteien vorteilhaftes finanzielles Gleichgewicht zu schaffen.

Auf der anderen Seite hat Cohabit’Age das Anwesen in Vianden erworben. Nach einer sorgfältigen Renovierung bietet dieses Haus nun acht Wohneinheiten zu einem monatlichen Preis von mindestens 300 Euro. Auf diese Weise erhalten die Bewohner*innen Zugang zu einer erschwinglichen Wohnung in einer ansprechenden Umgebung.

Auch die praktischen Aspekte des täglichen Lebens wurden berücksichtigt. So wurde ein gemeinsamer Waschraum mit einer Waschmaschine und einem Trockner eingerichtet, um die Hausarbeit zu erleichtern. Die liebevoll eingerichteten Apartments sind den Bedürfnissen der Bewohner*innen entsprechend ausgestattet. Dabei wird ebenfalls viel Wert auf Flexibilität gelegt: Die Mieter*innen haben nämlich die Möglichkeit, ihre eigenen Möbel mitzubringen, um sich ein individuell gestaltetes   Umfeld zu schaffen. Darüber hinaus gibt es einen Gemeinschaftsraum mit Sportgeräten und Computern, welcher die Interaktions- und Lernmöglichkeiten innerhalb dieser dynamischen Gemeinschaft fördert.

Das Projekt sucht jedoch nicht nur nach einer Antwort auf die Wohnungskrise, sondern feiert gleichzeitig die reiche generationsübergreifende Diversität. Einer der wichtigsten Aspekte für den Erfolg ist das stetige soziale Engagement. Um die Interaktion zwischen den Bewohner*innen zu fördern, hat die Vereinigung einen Verantwortlichen ernannt, der verschiedene Aktivitäten organisiert, wie z. B. Luxemburgisch- und Computerkurse, aber auch gesellige Veranstaltungen wie eine traditionelle Ostereiersuche. Diese Aktivitäten dienen nicht nur dazu, das Wohngebäude mit Leben zu füllen, sondern schaffen auch eine angenehme Atmosphäre, in der sich die Bewohner*innen wohlfühlen, begegnen und austauschen können.

Die Architektur ist ein Schlüsselelement dieses innovativen Projekts. Die Wohnungen sind so angeordnet, dass sie die gegenseitige Unterstützung zwischen den Generationen fördern. Auf jeder Etage befindet sich jeweils auf der rechten Seite die Wohnung eines älteren Menschen und auf der linken Seite die Wohnung eines jungen. Diese sorgfältig durchdachte Struktur ermöglicht es den Nachbar*innen, sich gegenseitig zu unterstützen, was den älteren Menschen ein Gefühl der Sicherheit verleiht und harmonische Beziehungen zwischen den Generationen fördert.

Xavier Iaru, Verantwortlicher für externe Kontakte, erklärt: „Früher habe ich in einem großen multinationalen Unternehmen gearbeitet, bevor ich mich dazu entschied, etwas anderes zu machen, etwas Sinnvolleres. Jetzt stehe ich morgens mit dem Wissen auf, dass ich etwas Nützliches tue.“

Ein sorgfältiges Auswahlverfahren für nachhaltige Beziehungen

Die Auswahlverfahren sind sehr anspruchsvoll: Vorrangig werden Einwohner*innen der Gemeinde oder Personen, die Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche haben oder in unwürdigen Verhältnissen leben, in Betracht gezogen. Die Organisation verfügt über verschiedene Möglichkeiten, um mit den Bedürftigen in Verbindung zu treten. Auf ihrer Website können junge und ältere Menschen ihre Anträge direkt online einreichen. Darüber hinaus sind es auch häufig Sozialämter, die junge und manchmal auch ältere Menschen an Cohabit’Age verweisen, da es für viele Personen zunehmend schwieriger wird, eine feste Unterkunft zu finden. Diese Anträge werden sorgfältig geprüft und das Team von Cohabit’Age bewertet jeden Fall individuell, um festzustellen, ob die Bewerber*innen den Auswahlkriterien entsprechen.

Obwohl der Auswahlprozess nicht einfach ist, ist er notwendig, um die Kompatibilität und das Wohlbefinden der Bewohner*innen zu gewährleisten. Die jungen Bewerber*innen füllen detaillierte Bewerbungsunterlagen aus, gefolgt von telefonischen und persönlichen Gesprächen und einem Persönlichkeitstest.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Cohabit’Age kein Altersheim ist. Solange die Bewohner*innen selbständig leben können, sind sie in dieser generationsübergreifenden Gemeinschaft willkommen.

Nach einem anfänglichen Dreijahresvertrag müssen  die Mieter*innen in der Regel nach anderen Wohnmöglichkeiten Ausschau halten. Doch genau hier liegt die große Herausforderung: Die finanzielle Kluft zwischen sozialem Wohnraum und dem Privatsektor ist enorm. Für Menschen, die ein Mindesteinkommen beziehen, ist es demnach schwierig, diesen Übergang zu vollziehen. Diese Tatsache unterstreicht, wie bedeutungsvoll die Arbeit von Cohabit’Age in Wirklichkeit ist.

Jos Kohn, der seit mittlerweile drei Jahren in der Cohabit’Age-Residenz in Vianden wohnt, ist Moussa Seck zutiefst dankbar für seine mutige Initiative und die Unterstützung, die er von Anfang an erhalten hat. Bevor Jos in die Residenz eingezogen ist, lebte er unter katastrophalen Bedingungen, da sich seine vorherige Wohnung in einem desolaten Zustand befand. Dank der hilfsbereiten Intervention von Moussa Seck fand er schließlich Unterschlupf. Jos unterstreicht nun die große Notwendigkeit solcher Initiativen, die bedürftigen Menschen mehr als nur ein Dach über dem Kopf bieten, denn sie vermitteln ihnen ein Gefühl der Würde und Zugehörigkeit sowie eine echte Gemeinschaft, die sich um ihr Wohlergehen bemüht.

Mit Blick auf die Zukunft wünscht sich Jos nachdrücklich, dass andere Gemeinden und sogar die Regierung mehr in diese Art von Unterkünften investieren. Er glaubt fest an den Sinn dieser Initiative und hofft, dass ihr Erfolg andere dazu inspirieren wird, diesem Beispiel zu folgen, um eine Zukunft zu schaffen, in der alle Menschen Zugang zu solidarischem und würdevollem Wohnraum haben.

Bereits heute kann man viele Lehren aus dieser Erfahrung ziehen, die für ähnliche Initiativen im ganzen Land von Nutzen sein können. Die Zukunft von Cohabit’Age hängt nun weitgehend von der Entwicklung der Immobilienpreise und -zinsen ab. Derzeit sind neue ähnliche Projekte angesichts der hohen Zinssätze und der nicht wesentlich sinkenden Preise schwer zu verwirklichen. Die Organisation ist jedoch weiterhin entschlossen, ihre Aktivitäten auszuweiten. In diesem Kontext beabsichtigt das Team von Cohabit’Age, mit interessierten Gemeinden zusammenzuarbeiten, um neue ähnliche Projekte zu entwickeln, indem sie ihr Fachwissen in der Verwaltung bereits bestehender Gebäude zur Verfügung stellen und so die Entstehung neuer generationsübergreifender Gemeinschaften erleichtern. „Außerdem möchte ich dem gesamten ehrenamtlichen Team von Cohabit’Age meine tiefste Dankbarkeit aussprechen, insbesondere dem Vorsitzenden unseres Verwaltungsrates, Joseph Barthelmy, der von Anfang an an diesem außergewöhnlichen Abenteuer beteiligt war. Sein Engagement und unermüdlicher Einsatz sind die Grundpfeiler für den Erfolg dieses Projekts“, sagt Moussa Seck.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass Cohabit’Age ein Hoffnungsträger für die Zukunft des Wohnungssektors ist. Durch die Zusammenführung von jungen und älteren Menschen unter einem Dach bietet diese Initiative mehr als nur eine Unterkunft, sie schafft vielmehr ein Umfeld, das soziale Kontakte und den gegenseitigen Austausch fördert. Auf diese Weise verdeutlicht Cohabit’Age, dass die Zukunft des Wohnens sich nicht nur auf die bloßen vier Wände beschränkt, sondern ebenso stark von Mitgefühl, Solidarität und gegenseitigem Verständnis geprägt sein sollte.

 

Arbeiten Sie auch im Pflegesektor und haben eine ganz besondere Initiative oder ein innovatives Projekt, das Sie mit den Menschen und vor allem Ihren Kolleg*innen in ganz Luxemburg teilen möchten? Dann kontaktieren Sie das GERO-Team unter der E-Mail-Adresse info@gero.lu. Wir kommen gerne bei Ihnen vorbei und präsentieren Ihre inspirierenden Projekte im GERO-Newsletter.

 

 

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