Jeden Monat präsentieren wir Ihnen eine neue Ausgabe unserer Reportage „Best Practice – Innovatioun deelen“, bei der wir im ganzen Land unterwegs sind, um die inspirierendsten neuen Methoden und fortschrittlichsten Projekte der Luxemburger Senior*innen- und Pflegeeinrichtungen zu entdecken.
In einer sich schnell digitalisierenden Welt ist es von großer Bedeutung, dass Menschen jeden Alters Zugang zu den neuesten Technologien haben. Insbesondere ältere Menschen haben jedoch oft Schwierigkeiten, mit den sich ständig verändernden digitalen Geräten Schritt zu halten. Genau aus diesem Grund hat das Foyer Elise de Roebe von der Stëftung Hëllef Doheem in Larochette im Dezember 2022 ein innovatives Projekt namens „Foyer SHD Online“ gestartet, um Senior*innen den Umgang und die Vorteile der digitalen Medien näherzubringen. Das Projekt wird vom Ministerium für Digitalisierung unterstützt. Die Stëftung Hëllef Doheem gehört zu den sechs Gewinnern des „Preises für digitale Inklusion 2022“, der vom Ministerium für Digitalisierung vergeben wurde.
Die Stëftung Hëllef Doheem bietet seit vielen Jahren unterschiedliche Unterstützungsdienste für Senior*innen in Luxemburg an und hat erkannt, dass sich die Art und Weise, wie Menschen kommunizieren, Informationen abrufen und an Aktivitäten teilnehmen, mit der Einführung von Tablets und anderen digitalen Geräten verändert hat. Um sicherzustellen, dass ältere Menschen nicht von dieser Entwicklung abgehängt werden, hat die Stëftung Hëllef Doheem beschlossen, ein zukunftsweisendes Projekt einzuführen, das ihnen hilft, die Nutzung von Tablets zu erlernen und ihre digitale Kompetenz zu stärken.
In diesem Sinne organisieren die Mitarbeiter*innen des Foyers mehrmals pro Woche Aktivitäten, um den Senior*innen zu zeigen, wie sie die Tablets bedienen, Apps benutzen und im Internet surfen können. Der Fokus liegt darauf, den Senior*innen das Selbstvertrauen und die Fähigkeiten zu vermitteln, die sie benötigen, um die digitalen Möglichkeiten voll auszuschöpfen, um so ihre Selbstständigkeit zu fördern.
Bevor das Projekt überhaupt beginnen konnte, wurden erst einmal Tablets mit allem notwendigen Zubehör zur Verfügung gestellt, die dann bei einer Gruppe von 4-5 Interessierten in den Aktivitäten eingesetzt wurden. „Anfangs hatten wir auch zwei Smartphones, aber das war etwas schwieriger, weil sie so klein waren,“ erklärt Pädagogin Nathalie Picard. Die Entscheidung, welches Material benutzt werden sollte, war nicht einfach, vor allem weil die Technologie so schnell voranschreitet und alle paar Monate wieder neue Geräte auf den Markt kommen.
Eine besondere Ausbildung für das Foyer-Personal war für dieses Projekt nicht notwendig, denn die meisten Teammitglieder*innen waren bereits davor sehr kompetent im Nutzen digitaler Technologien. Trotzdem freut sich das ein oder andere Teammitglied darüber, während der Aktivitäten selbst noch Neues dazuzulernen.
„Wir haben maximal 24 Senior*innen pro Tag und 41 Foyer-Kund*innen insgesamt. Der Altersdurchschnitt liegt bei über 86 Jahren. Das sind also eine Menge Leute, die mit elektronischen Medien noch überhaupt nicht vertraut sind. Mittlerweile zeigen aber auch bereits die jüngeren Foyer-Besucher*innen Interesse“, erklärt Jean-Jacques Donven, Verantwortlicher des Foyer. „Es ist gut, dass wir genau jetzt mit diesem Projekt angefangen haben, denn in vier bis fünf Jahren wird ein Großteil unserer Kund*innen mit diesen Medien umgehen können.“
Förderung der kognitiven Fähigkeiten
Das Team organisiert zweimal pro Woche spezifische Aktivitäten in einer festen Gruppe, bei denen sich die Senior*innen mit den Möglichkeiten des Tablets beschäftigen können. In den Sommermonaten reduzieren sie diese Aktivitäten auf einmal pro Woche, da viele Kund*innen die Gelegenheit nutzen, Zeit im Freien und in der Natur zu verbringen. Die warme Jahreszeit bietet eine wunderbare Möglichkeit, die Sonne zu genießen und an Outdoor-Aktivitäten teilzunehmen, während sie ihre motorischen und kognitiven Fähigkeiten fördern.
Ein wichtiger Schwerpunkt der Initiative liegt darauf, den Senior*innen zu zeigen, wie sie ihre Tablets zur täglichen Unterhaltung und kognitiven Stimulierung nutzen können. In diesem Kontext wurden im Laufe der Monate bereits zahlreiche Apps ausprobiert: Memory, Fehlersuche, Bilder raten usw. Verbindet man das Tablet zum Beispiel mit dem Smart TV des Foyers, kann man unter anderem eine Runde Montagsmaler in der Gruppe spielen. Dann zeichnet eine*r der Senior*innen auf dem Tablet ein Bild, das dann auf dem Fernseher gestreamt wird und die anderen Anwesenden dürfen raten, was es darstellen soll.
Einige Senior*innen stöbern auf YouTube oder Spotify nach Musikstücken von Künstler*innen, die sie noch aus ihrer Jugendzeit kennen, und genießen diese anschließend über ihr Tablet. Darüber hinaus bietet YouTube z.B. eine Fülle von Strick- und Häkelmustern sowie Anleitungen, die das Interesse vieler Besucher*innen wecken.
„Dies ist der passive Teil des Lernprozesses. Im aktiven Teil haben wir mit den Senior*innen geschaut, wie man das Tablet überhaupt einschaltet, wie man etwas sucht oder wie man überhaupt eine App findet“, erklärt Nathalie Picard.
Außerhalb der Aktivitäten können die Tablets selbstverständlich auf Anfrage auch individuell benutzt werden. Es gibt beispielsweise einen portugiesischsprachigen Besucher, der zur Mittagszeit, wenn es im Foyer etwas ruhiger wird und die meisten Senior*innen Mittagsruhe halten, darum bittet, das Tablet zu benutzen, um sich portugiesische Filme anzuschauen. Andere profitieren davon, um Tierdokumentationen oder luxemburgische Theaterstücke auf YouTube zu streamen. „Die Senior*innen drücken ihre Ideen aus und wir geben den Impuls in die richtige Richtung,“ erklärt Nathalie Picard.
Anfangs gab es noch keine verbindlichen Erfahrungswerte, an denen sich das Team orientieren konnte. Stattdessen haben sie sich kontinuierlich weiterentwickelt, indem sie sich regelmäßig zusammengesetzt und ihre eigenen Erfahrungen miteinander geteilt haben. Im Verlauf dieser Zusammenarbeit entdeckte das Team beispielsweise, dass selbst speziell für Senior*innen entwickelte Apps für die meisten Foyer-Besucher*innen zu schnell waren und manche Spiele mit unrealistisch knappen Zeitlimits ausgestattet waren.
Unter den Foyer-Besucher*innen gibt es aber auch bereits digitale Expert*innen. Eine 80-jährige Seniorin ist auf ihrem eigenen Smartphone zum Beispiel regelmäßig auf YouTube, Instagram und Facebook unterwegs und kennt sich bereits sehr gut aus.
Auf der anderen Seite gibt es aber natürlich auch einige Senior*innen, die sich gegen die modernen Technologien sträuben. Die meisten Über-80-Jährigen nehmen eigentlich nur passiv an den digitalen Aktivitäten teil. Sie mögen es vielleicht einmal ausprobieren, doch im Allgemeinen sind sie der Ansicht, dass dies eher etwas für die jüngere Generation ist. „Wir sind hier in einer ländlichen Gegend“, erklärt Jean-Jacques Donven. „Viele Kund*innen kommen aus Bauernbetrieben und interessierten sich mehr für ihren Garten und ihre Tiere. Bei der folgenden Generation funktioniert jedoch bereits vieles elektronisch. Diese wird eher den Anschluss finden.“
Um einen reibungslosen Ablauf der Online-Aktivitäten zu gewährleisten, hat die Stëftung Hëllef Doheem im Foyer Elise de Roebe einen neuen Glasfaser-Internetanschluss installieren lassen.
Förderung der sozialen Integration
Insbesondere Menschen, die bettlägerig sind oder zu Hause betreut werden und nicht mehr in der Lage sind, persönlich ins Foyer zu kommen, können zukünftig von der Nutzung digitaler Technologien profitieren, um dennoch aktiv am Gemeinschaftsleben teilnehmen zu können. „Selbst im Winter, wenn uns die Wetterbedingungen daran hindern, die Menschen zu Hause abzuholen, können wir sie in die Aktivitäten einbeziehen“, fügt Pädagogin Denise Marx hinzu. Über Skype oder ähnliche Dienste könnten beispielsweise auch Senior*innen aus anderen Foyers an den hauseigenen Aktivitäten teilnehmen und umgekehrt, um den Menschen eine noch größere Vielfalt an Aktivitäten zu bieten als bisher. Auch Bingo über Skype oder themenorientierte Gesprächsrunden wären mögliche Optionen.
Denise Marx erzählt weiter: „Für Kund*innen, die aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität nicht an allen Veranstaltungen teilnehmen können, haben wir beispielsweise die Oktav-Messe per Live-Stream verfolgt.“ Zusätzlich zu den monatlichen Besuchen eines Pfarrers für die Messe im Foyer werden das Tablet und das Smart TV regelmäßig genutzt, um die Sonntagsmesse im Replay anzuschauen. Zudem wurde bereits die Idee diskutiert, die hauseigene Messe aufzuzeichnen oder Menschen von außerhalb über Skype live daran teilnehmen zu lassen.
In einem weiteren Schritt könnte die Smartwatch zum Beispiel auch dazu benutzt werden, um die Senior*innen daran zu erinnern, ihre Medikamente einzunehmen oder regelmäßig Wasser zu trinken. „Für mich ist das Zukunftsmusik“, erklärt Jean-Jacques Donven. „Die Möglichkeiten sind fast grenzenlos.“
Eine vielversprechende Zukunft
Auf jeden Fall hat das Digitale-Inklusions-Projekt von der Stëftung Hëllef Doheem bereits große Erfolge erzielt. Viele Senior*innen haben ihre Scheu vor der Technologie zum Teil überwunden und nutzen regelmäßig Tablets und andere elektronische Geräte für verschiedene Zwecke. „Wenn man das Seniorenhandy hinzuzählt, benutzen ein Viertel unserer Kund*innen moderne Technologien“, erklärt Jean-Jacques Donven. „Die nächste Etappe ist, dass sie die Angst verlieren, etwas falsch zu machen, wenn sie das Tablet benutzen. Derzeit bringen sie ihre Ideen ein und wir unterstützen sie dabei, diese umzusetzen.“
Des Weiteren möchte das Foyer-Team die Senior*innen beim Schreiben von Nachrichten, Tätigen von Videoanrufen und der Verwendung von sozialen Medien unterstützen, um mit Freund*innen und Familie in Kontakt zu bleiben. Dies kann ein Beitrag gegen die Isolation und Einsamkeit der Senior*innen sein und ihre aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben fördern.
Dank der Stëftung Hëllef Doheem können die älteren Menschen des Foyer Elise de Roebe nun selbstbewusster und eigenständiger Tablets nutzen und von den zahlreichen Vorteilen der digitalen Welt profitieren. Das innovative Projekt „Foyer SHD Online“ hat bereits nach sechs Monaten die Art und Weise verändert, wie Senior*innen mit Technologie umgehen und ihnen völlig neue Möglichkeiten eröffnet. „Es ist in allen Hinsichten eine Bereicherung für das Foyer“, weiß Nathalie Picard. Innerhalb der Stëftung Hëllef Doheem nahm neben dem Foyer Elise de Roebe auch das Foyer op der Heed in Hupperdange als Pilot-Foyer am Projekt teil. Die Erfahrungen, die in diesen beiden Foyers in den letzten Monaten gesammelt wurden, werden genutzt, um die Aktivitäten in allen weiteren Foyers von Hëllef Doheem ebenfalls um ein digitales Angebot zu erweitern. Mit ihrem Engagement hat die Stëftung Hëllef Doheem einen wichtigen Beitrag geleistet, um die digitale Kluft zwischen den Generationen zu überbrücken und älteren Menschen zu ermöglichen, aktiv am heutigen Leben teilzuhaben.
Arbeiten Sie auch im Pflegesektor und haben eine ganz besondere Initiative oder ein innovatives Projekt, das Sie mit den Menschen und vor allem Ihren Kolleg*innen in ganz Luxemburg teilen möchten? Dann kontaktieren Sie das GERO-Team unter der E-Mail-Adresse info@gero.lu. Wir kommen gerne bei Ihnen vorbei und präsentieren Ihre inspirierenden Projekte im GERO-Newsletter.